Rimmele Lothar
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Ein weiteres Ehrenmitglied und mit ihm ein Stück Waldshuter Fußballgeschichte stellen wir in diesem Beitrag mit Lothar Rimmele vor (Jahrgang 1931 - verstorben am 14. März 2019)
Befragt man ihn nach seinen ersten Kontakten zum VfB, so gehen die Erinnerungen weit zurück in die Zeit seiner Kindheit und damit in die Vorkriegszeit der 30er-Jahre des vorigen Jahrhunderts.
Jeden Sonntag, an dem der VfB damals im Westen der Stadt seine Heimspiele austrug, verbrachte er mit dem Vater und dem ein Jahr älteren Bruder Herbert auf dem Fußballplatz. Es war eine große Zuschauerschar, deren Sonntagsspaziergang regelmäßig aus der Stadt hinaus sowie vom nahegelegenen Nachbarort Dogern > zum Fußballplatz < führte. Der Platz war auf dem Gelände des heutigen Schluchseewerkes gelegen. Mit einer für damalige Verhältnisse komfortablen Blockhütte zum Umkleiden der Spieler erhielt der Platz seine besondere Note durch die rheinseitige Böschung, die so die Wirkung einer kleinen Tribüne entfaltete.
Der Vater war Hauptkassierer des Vereines und schon sehr früh unterstützten ihn die Söhne tatkräftig bei seiner Arbeit als Platzkassierer.
Mit den Kriegsereignissen und in den fortschreitenden Kriegsjahren wurde es mehr und mehr still um den Vereinsfußball. Es waren immer weniger Spieler vorhanden - sie reichten nicht mehr um Mannschaften zu bilden. Schließlich kam er ganz zum Erliegen. Mit dem Bau des Schluchseewerkes stand auch ein Fußballplatz nicht mehr zur Verfügung. Anstelle der Vereine waren in der NS-Zeit nun Jungvolk und Hitlerjugend getreten, unter deren Organisation auf dem Platz des Eisenbahnersportvereines Sport betrieben und dabei, für die Brüder Rimmele unverzichtbar, auch Fußball gespielt wurde.
Der VfB war damit nicht mehr existent, doch gab es noch einige Leute, die den VfB-Geist am Leben hielten und dabei insbesondere die Jugend bei ihrem alltäglichen Spiel unterstützten. Lothar Rimmele erinnert so z.B. an > Heinrich Gemmecker <, der in seinem Wohnhaus in der Eisenbahnstraße einiges an verbliebenem Material - u.a. Fußbälle und Fußballschuhe - gesammelt und aufbewahrt hatte. Dessen durfte sich die fußballbegeisterte Jugend der Stadt leihweise bedienen, die sich täglich auf den Straßen und Plätzen der Stadt zum Spiel traf. Überall wurde da Fußball gespielt - in der Rhein- und Wallstraße der Innenstadt, dem Johannisplatz, auf dem Viehmarkt- und Kornhausplatz, dem ehemaligen Chilbiplatz (wo heute die Stadthalle steht) und auf dem SIPO am Haspel, dem Sportgelände des ehemaligen Polizeisportvereins. Und wo Fußball gespielt wurde, da konnte man für gewöhnlich irgendwo die Brüder Rimmele antreffen.
Nach dem Kriege lebte in der Bevölkerung alsbald der Wunsch nach den Sportvereinen in ihren alten Strukturen wieder auf. Auf Anordnung der französischen Militärregierung durfte jedoch nur ein gemeinsamer Sportverein bestehen, in dem alle damals in der Waldstadt betriebenen Sportarten einzugliedern waren. In diesem „Sportverein Waldshut“ waren ab 1946 zunächst neben dem Fußball die Sparten Handball, Turnen und Leichtathletik sowie der Skisport vereint. Die Lonza-Werke stellte für den Neuanfang der Ballsportarten ihren firmeneigenen Sportplatz der ehemaligen Betriebssportgemeinschaft zur Verfügung.
Lothar und Herbert Rimmele waren selbstverständlich von Anfang an dabei. Für den gesamten Jugendbereich gab es anfangs jedoch nur eine A-Jugendmannschaft. Und so mußten sie sich bis in die Saison 1947/48 gedulden, ehe sie sich durchsetzen konnten und den Sprung in > diese Mannschaft < geschafft haben.
Zu einem unvergesslichen Ereignis wurde für den „Zotz“ - sein Rufname ist in Fußballerkreisen geläufiger als sein eigentlicher Name - dann in der Saison 1949/50 sein ursprünglich gar nicht vorgesehener Einsatz in der 1. Aktivmannschaft im Spiel gegen den SV Weil. Ein Spieler hatte sich verspätet und „Zotz“, der gerade seine Sportsachen mit sich führte, wurde vom Trainer spontan auf´s Feld geschickt. Da es damals noch keinen Austausch eines Spielers im Laufe eines Spieles gab, durfte er so sein erstes komplettes Spiel in der Ersten des VfB absolvieren.
Eigentlich gehörte Lothar damals noch der 2. Mannschaft an, mit der er im Jahre 1950/51 sein erstes Aufstiegserlebnis als Meister der A-Klasse Rheintal feierte.
Ab der Saison 1952/53 gehörte er als Stammspieler zum Kreis der 1. Mannschaft, in der er im damaligen Spielsystem vornehmlich in der Position im linken Mittelfeld als Außenläufer bzw. Halbstürmer eingesetzt wurde.
Es reizte ihn, einmal in der benachbarten Schweiz zu spielen. Er inserierte in einer schweizer Sportzeitung, wurde von verschiedenen Vereinen zum Probetraining eingeladen und entschied sich 1954 für eine sportliche Zukunft beim FC Rapperswil im Kanton St. Gallen. Nach seiner Heirat 1956 wurden ihm die Fahrten zu Spiel und Training in die Ostschweiz dann doch zuviel und er schloß sich zur Saison 1956/57 wieder seinem Heimatverein an. Drei Jahre spielte er für den VfB wieder in der 2. Amateurliga.
Mit den verhängnisvollen Entscheidungen der Vereinsführung zur Saison 1959/60 (s.dort), die mit dem Abstieg des VfB aus der 2. Amateurliga endete, blieb er entgegen dem Beispiel etlicher Mannschaftskollegen dem VfB treu und wechselte in die zweite Mannschaft, die sich notdürftig nun mehrheitlich aus Spielern der dritten Mannschaft zusammensetzte. Dieser Umstand hatte den Abstieg auch der Zweiten von der B- in die C-Klasse (unterste Spielklasse) zur Folge. Um ihn als einen der erfahrenen Führungsspieler erfolgte der Neuaufbau der Zweiten mit überwiegend jungen Spielern, die vom Jugendbereich zu den Aktiven gewechselt waren. Als Meister und Aufsteiger kehrte die Zweite schon in der Saison 1961/62 wieder in die B-Klasse zurück.
Wenn Not am Mann war, half Lothar auch hin und wieder in der Ersten aus.
Mit 34 Jahren war für ihn dann endgültig Schluss mit dem Aktivfußball. Lothar spielte danach lange Jahre in der AH des VfB. 1985 gehörte er zu den treibenden Kräften, die neben der AH eine > Veteranen-Mannschaft < gründeten. Deren Spielstärke reichte noch immer aus, um es mit vielen „jüngeren“ AH-Mannschaften der Region aufzunehmen.
Lothar war jedoch nicht nur als Spieler auf dem Platz aktiv sondern übernahm im Vereinsleben vielfältige Aufgaben in verschiedenen Funktionen. Dabei stellte er sich nie in den Vordergrund sondern wirkte sehr viel lieber in der zweiten Reihe. Sein Aufgabenspektrum reichte vom Hauptkassierer des VfB in den 70er-Jahren bis 1981 über den Kassierer bei den Unterabteilungen AH und Veteranen bis hin zum Mitglied im Ältestenrat des Vereins. Er organisierte jahrelang unvergessene Freizeitaktivitäten bei AH und Veteranen und war bereit, auch übergangsweise Aufgaben im Verein zu übernehmen, wenn sich ansonsten niemand dazu bereit fand. So trainierte er z.B. auch für ein Jahr die C-Jugend.
Immer am Ball blieb Lothar bis zu seinem 78. Lebensjahr beim „Bäuchlespiel“, dem „Ball über die Schnur-Spiel“ in der Halle und hielt sich stets fit durch ausgedehnte Radtouren und Wanderungen im Kreise von VfB-Kollegen. Soweit es seine Gesundheit zuläßt, besucht er auch heute noch regelmäßig die Spiele „seines VfB“.
Der VfB war halt einfach Bestandteil seines ganzen Lebens.
Und wenn einer, dann ist e r einer - ein wirklich 100-prozentiger VfB-ler eben. Die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft konnte da nicht ausbleiben.
Für mich war er in meinen Recherchen zur VfB-Chronik eine willkommene zusätzliche Informationsquelle - so etwas wie das personifizierte VfB-Lexikon - bei dem ich mich rückversichern konnte, der mir Bildmaterial zur Verfügung stellte und mir so das Gefühl vermittelte, die Vereinschronik wirklichkeitsnah aufzuarbeiten.
Lothar, dafür auch meinen herzlichen Dank.