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Kolumne: Früher war Fußball besser

Vor 30 Jahren haben uns unsere Eltern und Großeltern erklärt, was früher alles besser war und wir haben pflichtschuldig genickt und dabei innerlich die Augen verdreht. Verständlicherweise, schließlich war keineswegs alles besser. So oder so, für uns war damals klar, dass wir sowas niemals machen würden. Dennoch dürfte es wenig überraschend sein, dass unsere Generation nun selbst dazu tendiert auf die guten alten Zeiten zu verweisen.

Dabei beziehe ich mich noch nicht einmal auf den kompletten Verfall unserer Sprache. Was bei uns früher "Schieb die Kugel rüber!" hieß, ist zu einem Ohrenbluten verursachenden "Gib Ball" verkommen. Ich werde vor dem Spiel gefragt: "Spielen wir Rasen?". Nein, spielen wir nicht. Wir spielen Fußball. Oder willst Du Dich grün anmalen und auf den Boden legen?

Nein, es geht vielmehr darum, dass die heutigen Fußballer (der unteren Ligen) nur noch ein Schatten dessen sind, was uns früher ausgemacht hat. Das fängt schon bei der Mode an. Allein die Tatsache, dass ich Fußball und Mode überhaupt in einen Satz packe, würde manchem Fußballer meiner Altersstufe eine gehobene Augenbraue abnötigen. "Fußball hat mit Mode nichts zu tun." Das wäre vermutlich der einzig sinnvolle Weg, diese beiden Worte sinnvoll in einen Satz zu verpacken.

Es liegt mir fern Werbung für einen Sportartikelanbieter zu machen, aber früher waren Fußballschuhe einfach schwarz und hatten drei weiße Streifen. Heute hingegen hat man den Eindruck, dass die über Jahrzehnte traditionell getragen Vereinsfarben immer häufiger abgelehnt werden, weil sich die mit denen der neuesten Nikes beißen. Wobei sich tatsächlich die Frage stellt, ob man nicht sogar besser dran wäre, die Vereinsfarben einheitlich auf schwarz (Heimspiel) und grau (auswärts) umzustellen, um die Gefahr der Erblindung zu reduzieren, die bei aktuellen Farbkombinationen aus neuestem Fußballschuhwerk und traditionellem Stutzen unweigerlich droht.

Oder sprechen wir mal von Rückennummern. Natürlich hatten wir auch unsere Lieblingsnummern und man hätte lieber in "seiner" Nummer gespielt. Aber diese Nummer hatte zwischen 2 und 11 zu liegen und die Ersatzspieler teilten dann 12 bis 15 unter sich auf. Punkt. Heute fragt man die Spieler bei der Neuanschaffung eines Satzes nach ihrer Wunschnummer und die liegt dann gerne mal zwischen 2 und 99! Und wollen am Ende gar zwei Spieler dieselbe Nummer, muss man mehrere von Fachtherapeuten moderierte Sitzungen organisieren, um bleibende psychische Schäden beim unterlegenen Spieler zu vermeiden.

Aufwärmen im Trikot, geht's noch? Dafür gibt's heute Aufwärmhemdchen. Da wo wir früher Schienbeinschoner mit Knöchelschutz und Klettband trugen, werden heute kleine Plastikstückchen verwendet, die nicht mal bei einem G-Junioren-Spieler das Schienbein vollständig bedecken. Und diese Pseudo-Schützer müssen mangels Klettband natürlich mit einem speziellen Strumpf getragen und dann noch mit Tape auf dem Stutzen gesichert werden.

Selbst so einfache Sachen wie die Flüssigkeitszufuhr ist inzwischen fast eine Wissenschaft. Wir haben damals vor dem Spiel im Duschraum einen Schluck Wasser aus dem Hahn getrunken, in der Halbzeit Mineralwasser oder ab minus 5° vielleicht auch mal einen Tee. Inzwischen braucht man schon zum Aufwärmen gefüllte Wasserflaschen auf dem Spielfeld und vor dem Spiel sollte man schon ein paar isotonische Getränke bereithalten. Dazu vielleicht in der Halbzeit noch einen veganen Bio-Mehrfrucht-Smoothie.

Es gibt aber auch Entwicklungen, die weniger auffallend sind. So kann man kaum einen Unterschied in der Dauer feststellen, die die Spieler nach dem Match auf dem Fußballplatz verbringen. Bei näherer Betrachtung zeigen sich aber auch dort deutliche Veränderungen. Wir haben damals geduscht (Wasser an, Duschgel auf den Kopf, überall eingeschäumt, abgespült, fertig) und dann ins Vereinsheim gesetzt, um gemeinsam die Sportschau anzusehen oder mindestens etwas zusammen zu trinken.

Heute raucht man erstmal eine vor der Kabine, im Duschraum wird dann mit Duschgel, Shampoo für beanspruchtes Haar und Glanzspülung gearbeitet und schließlich steht man föhnend vor dem Spiegel. Danach zieht man den feinen Zwirn an, weil's ja noch in den Club geht. Fürs Vereinsheim bleibt da natürlich keine Zeit mehr. Ich bin mal gespannt, wie lange es dauert, bis die Spieler neben einem Physiotherapeuten auch noch einen Friseur (oder heute vermutlich eher einen "Barber") und eine Visagistin fordern.

Es ist schon deprimierend was aus dem unterklassigen Fußball geworden ist. Vor allem auch deshalb, weil all die Verbesserungen bei den Randbedingungen zu den erreichten sportlichen Leistungen in eher ungünstigem Verhältnis stehen. Ansprüche wie ein Profi, auf dem Platz ist aber der andere Schuld, wenn Anspruch und Wirklichkeit nicht zusammenpassen. Man möchte weinen.

Zum Lachen - wenn auch mit einer Brise Resignation - ist es hingegen, was ich am 14.02.19 mitbekommen habe. Es habe schon einige Absagen gegeben, schreibt da ein Trainer im Gruppenchat, weshalb sich die Frage stellt, ob man das Training nicht absagen solle. Der Grund? Valentinstag!

Wir sind damals vor unseren Kollegen aus dem Freibad abgehauen, haben uns trotz Hausarrest davongemacht, sind mit Zerrungen und gebrochenen Fingern trotzdem auf den Platz gekommen und heute geht man nicht ins Training wegen des Valentinstags? Wenn bei uns früher einer am Sonntagnachmittag kirchlich getraut wurde, hat er morgens um 10:30 Uhr noch das Heimspiel durchgezogen oder zumindest die erste Hälfte gespielt, wenn's auswärts war.

Valentinstag? Meine Augenhöhlen haben schon eine Unwucht vom Augenrollen und es naht ein Schleudertrauma vom vielen Kopfschütteln.

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