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1940-49

Von der komplizierten Einfachheit des Fußballspiels

Wie der VfB Waldshut vor 100 Jahren um Zuschauer warb – mit zwei Verteidigern, drei Läufern und fünf Stürmern

„Ihr alle, die ihr das Fußballspiel nicht kennt, vielleicht auch schon euer fertiges absprechendes Urteil im Busen tragt, lasst euch durch das Fußballspiel in die Welt des Sportgedankens einführen, ihr werdet es nie bereuen – ihr lebt ja im Zeitalter des Sports. Kommt und seht! Ihr werdet verstehen, und dann gehört ihr ebenfalls zu des Fußballspiels treuer Gefolgschaft.“

Mit diesen beschwörenden Sätzen missionierte ein – heute unbekannter – Verfasser aus den Reihen des VfB Waldshut am 30. August 1912 im Alb-Bote für den in Deutschland erst seit etwa 30 Jahren betriebenen Fußballsport.

Zwar wurde der Deutsche Fußballbund (DFB) bereits im Jahr 1900 gegründet, doch in der südbadischen Provinz dauerte es auch beim Fußball etwas länger. 1909 existierte mit dem FC Waldshut ein erster Verein, in dem sich die bisher unorganisierten Kicker von zwei Stadtteilmannschaften zusammengefunden hatten. Und aus diesem FC wurde schließlich der am 28. September 1910 gegründete „Verein für Bewegungsspiele (VfB) Waldshut“.

Sein erstes Spielfeld legte der VfB auf einer Wiese neben dem Gasthaus „Fährhaus“ an. Überraschend schnell entwickelte die Mannschaft eine gepflegte Spielweise, für die vor allem ins Team gekommene Lehrer sorgten, die das Spiel aus ihren Studienjahren kannten. Als das größte fußballsportliche Ereignis bis weit nach dem 1. Weltkrieg gilt das 1912 gewonnene Spiel gegen die weitaus stärker eingeschätzte Mannschaft des FC Neumünster-Zürich.

Der am 30. August 1912 erschienene Artikel wies auf die am 8. September beginnende neue Spielsaison hin und führte unter anderem aus: „Möge die neue Saison dem Verein neue Anhänger (…) zuführen. Vielfach steht man hier dem Fußballsporte noch feindlich gegenüber. Man mag über den Fußballsport denken wie man will. (…) Aber das eine liegt augenfällig zutage, dass kein anderer Sport die gleiche Fähigkeit besitzt, die breiten Massen des Volkes ohne Rücksicht auf soziale Unterschiede für sich einzunehmen.“ Der Autor des Berichts nannte dies eine „enorme Werbefähigkeit“, womit dieser vor 100 Jahren lebende Fußballfan eine prophetische Weitsicht bewies. Worauf diese „Werbefähigkeit“ gründete, beschrieb der Autor wie folgt: „Elastisch als Kampfspiel für die körperlichen Fähigkeiten jeden Grades, angefangen von der bequemen Spielerei des Anfängers bis zur Glanzleistung des stahlgehärteten Spielers, aber ebenso unerschöpflich in seiner Fülle geistigen Gehaltes. Einfach in der Zusammensetzung seiner Figuren, aber dennoch das Schachbrett des grünen Rasens.“

Wer diesen Sport ablehne, so vermutete unser unbekannter Autor, dem fehle schlicht die Sachkenntnis. Weshalb er die geneigten Leser mit den Grundbegriffen des Fußballsportes mit folgenden (hier leicht gekürzten) Zeilen vertraut machte: „Ein Mann, der zuverlässigste, beschirmt das Tor. Vor ihm die beiden Verteidiger, die den Ball aus der Nähe des Tores wegbefördern und die gegnerischen Vorstöße zerstören. Vor ihnen in einer Linie die drei Läufer, die ihres Namens würdig sein müssen. Sie sind das Rückgrat der Mannschaft, sie gehen zur Unterstützung der Verteidigung zurück, sie leiten die Angriffe ein. Mit fünf Stürmern ist die breite Angriffslinie besetzt, die die vorderste Front bildet. Die Flügel links und rechts bringen den Ball an den feindlichen Verteidigern vorbei und geben ihn schließlich zu ihren Nebenleuten in der Mitte, die jeden Augenblick zum entscheidenden Schuss nützen. So stehen sich die Parteien in keilförmig nach hinten zugespitzter Aufstellung gegenüber“, endet die Schilderung.

Und zum Schluss hin wird der Autor beinahe philosophisch: „Dieser unübersehbare Wirrwarr der ineinandergeschobenen Spielparteien, dieses Nebeneinander einzelner blitzschnell wechselnder Kampfszenen, diese sich fortspinnende Kombination, diese Einmütigkeit des Wollens, dieses Zusammenwachsen der Einzelkräfte zu einem machtvollen Gedanken, den Willen zu siegen.

Und wo der flüchtige Beobachter ein regelloses Chaos sieht, da erkennt der Sachkundige den taktischen Zweckgedanken, er sieht und fühlt das Tasten nach Schwächen der gegnerischen Position, (…) kurzum der Spieler erlebt den geistigen Kampf mit, der sich in Form eines Wettstreits der Körperkräfte abspielt. In dieser komplizierten Einfachheit beruht die erstaunliche Werbekraft des Fußballspiels, die ihm kein anderes Spiel streitig machen kann.“

Quelle: Südkurier/Alb-Bote vom 26.10.2012 - Werner Huff

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